Es ist nicht das erste und wohl auch nicht das letzte Mal, dass wir mit zwei statt nur einem Esel von einem Einsatz zurückkehren.
Dolno Osenovo liegt ca. 70 km vom Tal der Esel entfernt. Es ist noch eines der wenigen Dörfer in der Region, wo Esel alltäglich sind und zum Dorfbild gehören - manche Haushalte haben sogar zwei Tiere. Im zerklüfteten Gelände dieser ländlichen Gegend sind sie unentbehrliche Helfer.
Die Tierärzte im Einsatz erhalten einen Anruf mit der Bitte, einen zwölfjährigen Esel abzuholen, da er aufgrund seines kranken Hinterbeins keine Arbeit mehr verrichten kann. Die Besitzer möchten, dass sich jemand weiterhin um ihren beeinträchtigten Begleiter kümmert.
Wir untersuchen den Esel von Kopf bis Fuss und erfahren, dass er keinen Namen hat. Das Resultat einiger Überlegungen: «Elvis» soll er heissen!
Während wir uns um Elvis kümmern, entdeckt uns eine ortsansässige Frau. Sie bittet uns, auch ihren Esel Hassan zu untersuchen, da dieser ebenfalls Probleme mit seinen Hinterbeinen zu haben scheint. Wir folgen ihr und treffen einen hübschen kleinen Esel an.
Es ist nicht schwierig, Hassans Probleme zu diagnostizieren: Wie bei Elvis sind auch seine Hufe seit längerem nicht mehr geschnitten worden, was den Tieren Schmerzen bereitet. Zum Glück unser Fachgebiet - Teammitglied Ismail macht sich sofort ans Werk.
Ismail arbeitet, und die Frau erzählt… Sie habe Mühe, sich um Hassan zu kümmern, zumal er alt sei und nicht mehr so gut arbeite wie früher. Wie könnten wir da nein sagen?! Unser Tal ist zwar bereits voll, aber einen Esel in Not lassen wir nie im Stich. Wir beschliessen, Hassan ebenfalls mitzunehmen und ins Tal der Esel zu bringen.
Zuerst kehren wir aber zurück und holen Elvis ab. Er scheint ein tapferer Esel zu sein, der problemlos über die Brücke geht.
Doch vor dem Anhänger stoppt er. Esel werden fälschlicherweise als störrisch bezeichnet; richtig ist indes, dass sie nur stehenbleiben und sich nicht rühren wollen, wenn sie in einer unbekannten Umgebung sind oder eine neue Erfahrung machen müssen. Sie brauchen Zeit, um alle Details aufzunehmen und so ihre Unsicherheit überwinden zu können. Nach einer Weile und ermutigenden Worten schafft es Elvis, in den Anhänger zu steigen.
Es ist ein schöner, warmer Frühlingstag, als wir Elvis im Tal der Esel willkommen heissen.
Auch den unerwarteten Neuzugang Hassan begrüssen wir im Tal herzlich. Wir nennen ihn Hassan Martinov, abgeleitet von «Mart», was auf Bulgarisch März bedeutet. Einen Hassan beherbergen wir bereits, weshalb unser neuer Freund den Namen des Monats seines Einzugs im künftigen Daheim erhält.
Es ist stets ein guter Tag, wenn ein weiterer Esel sein neues Zuhause im Tal gefunden hat, ein artgerechtes Leben geniessen kann und gut versorgt wird. Noch besser ist der Tag aber, wenn gleich zwei Neuankömmlinge vor einem unbekannten, oft unglücklichen Schicksal bewahrt werden können. Trotz variierender Ressourcen im Tal finden wir immer einen Weg, jedem aufgenommenen Esel gerecht zu werden.
